Gestern und vorgestern regten sich noch viele darüber auf und heute hat sich das Thema bestimmt schon fast wieder erledigt, aber das hält mich nicht davon ab, auch ein paar Worte über die LBM/MCC zu verlieren.
Ich muss zugeben, beim Lesen des ersten Artikels filterte ich die übertriebenen Worte über Cosplayer und andere Besucher der MCC erst einmal heraus und fand das Fazit, dass man die Veranstaltungen trennen sollte, doch sehr verständlich. Natürlich hätte man das weitaus weniger provokant formulieren können, aber wohl jeder Convention-Besucher hat sich bestimmt schon mal daran gestört, dass andere Besucher sich irgendwie danebenbenehmen. Und manch Pose mag auf unbeteiligte Dritte anstößig wirken und wenn da gerade vielleicht Minderjährige noch zweideutig abgelichtet werden, ist es durchaus verständlich, dass sich Leute daran stören (teilweise ist das rechtlich dann auch bedenklich). Bei manch Cosplay dachte ich mir auch schon, ist so viel Haut wirklich nötig auf einer Buchmesse? Sind dieses Cosplay oder die dazugehörige Waffe wirklich geeignet für volle Messehallen? Wir wissen ja nicht genau, was der Autor beobachtet hat, aber weniger tolles Benehmen oder seltsame Posen wird man bestimmt auf der LBM oder anderen Messen erlebt haben können. Natürlich sollte man dann nicht gleich einen Artikel mit einer unglücklichen Wortwahl schreiben. Allerdings denke ich mir auch, dass man z.B. in einem Meinungsartikel das Stilmittel der Übertreibung einsetzen kann, nur sollte man den Artikel vielleicht besser so markieren und eben hier und da etwas an der Wortwahl feilen. Es ist aber bestimmt nicht schwierig anhand von wenigen Cosplayern, die negativ auffallen, eine schlechte Meinung über die ganze „Szene“ zu bekommen.
In nahezu jeder Szene führen dann überspitzte Reaktionen von außen dazu, dass ein regelrechter Shitstorm ausgelöst wird, der leider dazu führt, dass manch Reaktion dann noch weitaus einseitiger geschrieben ist als das Original. Einige Leute beschimpfen dann auch gleich und begeben sich damit noch weiter unter das Niveau des Autoren des Artikels. Ich persönlich fand seinen „Offenen Brief“ dann auch ziemlich versöhnlich und auch wenn man ihm eine Abgehobenheit unterstellen kann, ist es doch auch egal. Immerhin kann der Mann privat meinen, was er will. Niemand muss z.B. einen Shonen-Manga für genauso wertvoll halten wie einen Erlebnisbericht aus einen Bürgerkrieg. Die Anime-/Manga-/Cosplayszene kritisiert doch auch gerne herum, lästert über Haremanime oder über Cosplayer, die Kostüme kaufen oder sonst etwas. Da sollte man Kritik von außen zumindest nicht ganz abschmettern und hinterfragen, ob da vielleicht doch in Teilen etwas dran sein könnte.
Niemand sollte ihm aber ankreiden, dass er es begrüßen würde, wenn man die MCC und die LBM trennen würde. Es ist für mich wirklich nachvollziehbar, dass wohl viele Besucher der LBM das wohl wünschen würden. Natürlich gibt es auf der anderen Seite auch viele, die sich über die Cosplayer freuen, das wird wohl niemand bestreiten, aber warum sind Cosplayer eigentlich auf einer Buchmesse? Der Autor unterstellte, dass die meisten wohl wenig Interesse für die Bücher haben, und meiner Einschätzung nach, wird er da wohl auch gar nicht mal falsch liegen. Und damit meine ich nicht, dass Cosplayer nicht lesen, sondern wie viele besuchen tatsächlich die „Bücherhallen“? Persönlich frage ich mich auch jedes Mal auf der Buchmesse, welchen Sinn es für mich hat, mir Bücher auf einer Messe anzuschauen. Der normale Endkunde (damit auch viele Cosplayer) ist in der Hinsicht auch nicht die Zielgruppe, sondern die meisten Stände sind wohl dafür da, dass Buchhandlungen und Bibliotheken sich hier über neue Werke informieren und geschäftliche Gespräche führen können. Das ist bei den meisten normalen Messen so. Man trifft sich, um Geschäfte zu machen und Trends zu erforschen.
Signierstunden, Lesungen und Podiumsdiskussionen sind natürlich für Endkunden auch interessant, aber sie sind nur ein Teil der LBM und da stellt sich dann wieder die Frage, wie viele Cosplayer besuchen diese tatsächlich (so lange diese nicht Teil der MCC sind)? Natürlich lesen Cosplayer auch Bücher, aber geht ihr Interesse soweit, dass sie sich auf der Buchmesse dann dafür interessieren? Ich kann hier nur vermuten, aber meinem Gefühl nach werden die meisten Cosplayer zum „Cosplayen“ auf die LBM gehen. Der Rest ist höchstens ein Bonus. Auf normalen Conventions ist das auch nicht groß anders, denn ein Teil der Cosplayer reisen dort eh ohne Karte an und lassen das Programm damit komplett links liegen. Dann stellt sich die Frage, brauchen die Cosplayer überhaupt das LBM-Drumherum? Würde nicht eine spezielle MCC reichen? Ich war dieses Jahr nicht auf der LBM, aber über die vorherigen Jahre wurde es gefühlt immer voller und alleine das Betreten der MCC-Halle dauerte lange. Die Hotelsituation wird auch nicht besser, wenn man zwei Veranstaltungen gleichzeitig abhält. Ich weiß nicht, wie es dieses Jahr war, aber das Congress Center Leipzig war zumindest letzten Jahr (wenn ich mich recht erinnere) teilweise auch nicht zugänglich, so dass es noch voller wurde. Die Leipziger Messe verwendet die MCC vermutlich, um mehr Besucher auf die LBM zu locken, aber ich verstehe den Mehrwert für den Fachbesucher und den „rein-bücherintereressierten“ Besucher nicht. Für Messen sind Besucherzahlen natürlich wichtig, aber volle Hallen sind für Besucher eben auch nervig und manche kommen dann halt nicht mehr. Zumindest höre ich auch oft, dass die LBM vielen einfach zu voll ist.
Ich kann nur mutmaßen, dass die Glashalle als recht guter Ort zum Fotografieren ein Anziehungspunkt der Messe darstellt, aber wäre es da nicht auch besser, wenn einfach weniger los wäre? Würden nicht gerade die Cosplayer davon profitieren, wenn mehr Platz auf dem Messegelände wäre? Deswegen frage ich mich, warum eine Trennung von der LBM als so negativ angesehen wird. Hängt das nun nur damit zusammen, dass ein Redakteur gerade die Cosplayer loswerden möchte, da er sie eh nicht als Zielgruppe einer klassischen Buchmesse sieht? Warum kann man darüber nicht trotzdem offener diskutieren?
Mich wundert es ehrlich gesagt, warum man nicht auf dem Leipziger Messegelände eine eigenständige MCC veranstaltet. Dann nimmt man noch 1-2 weitere Hallen dazu und holt weitere Aussteller, die sich noch weiter von einer Buchmesse entfernen und erhält dann wieder eine Veranstaltung, die ähnlich viele junge Leute wie die Games Convention nach Leipzig lockt. Es sprießen doch überall Comic Cons aus dem Boden und warum nutzt man den Namen MCC nicht, um in der Gegend so etwas neu aufzubauen, ohne sich durch die Platzbedürfnisse einer Buchmesse einschränken zu lassen?
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass viele MCC-Besucher die LBM-Hallen so vermissen würden. Und die Verlage, die auch das MCC-Publikum bedienen, könnten sicherlich auch zwei Messen mit Ständen versorgen. Dann könnte man die Stände eben auch besser für die Zielgruppen ausrichten.
Ich kann verstehen, dass die LBM aktuell keine Trennung will, aber Messeveranstalter wissen tatsächlich öfters nicht, in welche Richtung eine Messe am besten gehen sollte. Als Hannoveraner konnte ich das gut bei der CeBIT beobachten, wie man ständig schwankte, ob man nun Endkunden oder Fachbesucher bedienen möchte. Irgendwann vergrault man dann gefühlt alle. Man darf auch nicht vergessen: Dieses Jahr waren auf der LBM insgesamt 208.000 Besucher und davon 105.000 auf der MCC, d.h. mehr als die Hälfte der Besucher hat vermutlich sogar mehr Interesse an der MCC als an der LBM selbst. Vielleicht will man deshalb nicht die Veranstaltungen trennen, weil man damit vermutlich die LBM in Gefahr bringt, denn im Zeitalter der Digitalisierung werden Messen generell unwichtiger und die einzige Chance ist wohl, sie als Events weiter zu betreiben…aber ob das wirklich der beste Weg ist für eine Buchmesse?
2 comments
Die Kritikfähigkeit bzw. deren Mangel mancher Cosplayer den du angesprochen hast, ist mir auch schon das ein oder andere mal aufgefallen. Weshalb ich bei manchen Posts das Gefühl das, dass einzige was Cosplayer noch lieber machen als sich gegenseitig zu zerfleischen, ist es jene zu zerfleischen die es wagen den „heiligen Akt“ des Cosplayens zu kritisieren.
Des weiteren habe ich ähnlich wie du es angedeutet hast, das Gefühl das die LBM für viele in der „Szene“ eine Anime und Manga Convention gehalten haben.
Und in gewisser weise wurde ihnen recht gegeben in dem man die MCC zeitgleich statfinden lässt und deren Besuch im Preis der LBM mit inbegriffen ist.
Vor allem die Zahlen geben mir da etwas zu bedenken, denn wenn das Verhältnis sich immer mehr Richtung MCC verschiebt. Denen zufolge ist die LBM doch schon nach eher ein Zusatz zur MCC als andersherum. Ich hörte sonst auch an mehreren Stellen, dass Fachbesucher eine Veranstaltung mit weniger Priorität Richtung MCC bevorzugen würden und wenn man sich die ursprüngliche Idee einer Buchmesse anschaut, sollten man Ihre Sorge auch für wichtig nehmen.